Aus gegebenem Anlass: Der Islam gehört zu Gröpelingen – und ein Gebetsruf zur Moschee 23. April 2020 Anlässlich der Unmöglichkeit, während des Ramadan zum Gebet zusammen zu kommen, haben die beiden großen Moscheen Gröpelingens, Mevlana- und Fatih-Moschee, darum gebeten, den öffentlichen Gebetsruf zu genehmigen. Die Fraktion der Grünen im Beirat Gröpelingen hat sich dafür ausgesprochen: Es ist längst überfällig, dass die beiden Gröpelinger Gemeinden ganz normal wie alle anderen religiösen Gemeinschaften mit ihren Riten und religiösen Traditionen im Stadtteil präsent sind. — Mitte der 90er Jahre übernahm der in Gröpelingen aufgewachsene und ehemaliger Bremer Bürgermeister Hans Koschnick eine unmögliche Mission: Er sollte für die vom Krieg zerrissene Stadt Mostar wieder eine gemeinsame zivile Verwaltung aufbauen. Koschnick kam in eine zerstörte Stadt, in der sich muslimische und kroatische und serbische Milizionäre bekämpften. Nur wenige Jahre vorher war Mostar zwar kein Paradies – aber eine Stadt, in der serbisch-orthodoxe, römisch-katholische, muslimische Menschen und auch Atheisten friedlich zusammen lebten. Gebetsrufe von Minaretten und Glockengeläut mischten sich mit dem normalen Lärm der Stadt. Mostar war das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der Herzegowina und der Reichtum Mostars war seine Vielfalt. Erst der im Jugoslawienkrieg mobilisierte fanatische Nationalismus zerstörte das friedliche Zusammenleben dieser verschiedenen Gruppen. Die Zerstörung der „Alten Brücke“ über die Neretva wurde zum Symbol dieses sinnlosen Krieges. Als Hans Koschnick nach Mostar kommt, glaubt er fest daran, dass Mostar als tolerante und vielfältige Stadt wieder erstehen kann. Vielleicht hat Koschnick an seine Heimat, an Gröpelingen, gedacht, das für ihn auch immer ein Ort der Toleranz, der Solidarität und des sozialen Miteinanders war. Es ist längst überfällig, dass auch die Gröpelinger Moscheen die Möglichkeit haben, zum Gebet zu rufen. Wie die christlichen Kirchen, gehören auch die Moscheen zum höchst vielfältigen Leben in unserem Stadtteil. Es war und ist eine großartige Stärke Gröpelingens, dass unabhängig von der eigenen persönlichen Einstellung, alle Gröpelinger*innen ihre religiösen und politischen Überzeugungen leben können — so lange nicht andere Gruppen oder Individuen diskriminiert oder angegriffen werden. Einige befürchten, der Gebetsruf könne Menschen belästigen. Ja, das mag sein. Aber für viele Gröpelinger*innen wird es eine gegenteilige und sehr positive Erfahrung sein: Ihr Glauben, ihre Tradition wird im öffentlichen Raum hörbar und wird respektiert. Denn der Islam gehört zu Gröpelingen – um einmal das Wort des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) aufzugreifen. Die muslimischen Gemeinschaften sind keine „Gäste“, sondern sie gehören zu Gröpelingen. Und deshalb sollten sie auch hör- und sichtbar sein. Nur eine respektierte und selbstbewusste muslimische Gemeinschaft kann ein guter Partner sein für das Bemühen um eine demokratische, sozial gerechte Stadtteilgesellschaft. teilen teilen E‑Mail RSS-feed teilen teilen